Title: Tagesbericht. — Buffalo Bills Wild West wird morgen | Daily Report. — Buffalo Bill's Wild West in Dresden will tomorrow draw to its close
Periodical: Tageblatt
Date: June 15, 1890
More metadataGerman | English
Tagesvericht.
— Buffalo Bills Wild West wird morgen seine Gastrolle in Dresden beenden. Der Besuch Buffalo Bills verdient in der Ortsgeschichte Dresdens bleibend verzeichnet zu werden. Codys Truppe ist ethnologisch entschieden ebenso bedeutend, als jene zahlreichen Völkertypen, die und bisher in dankenswerter Weise der Zoologische Garten vorgeführt hat. Die Direktion des letzteren war es überhaupt, die uns zuerst wilde und halbwilde Völker in groößeren Truppen vorführte, und dieses Bestreben, auch nach dieser Richtung hin zur allgemeinen Bildung beizutragen, verdient gewiß nur die größte Anerkennung. Ihr danken wir die persönliche Kenntnis der Singhalesen, Suahelis, Beduinen, Feuerländer, Eskimos, Kamtschatken, Cola Bela Indianer u. s. w. Noch nie aber ist in der sächsischen Hauptstadt die Gelegenheit dargeboten worden, eine reisende Truppe bei sich zu sehen, wie sie Buffalo Bills Wild West darstellt und das rege Interesse, das sie in Dresden gefunden hat, zeugt nur von dem regen Bildungssinn unserer Bevölkerung. Die roten Söhne des Urwaldes sind voll des Lobes und der Anerkennung über die freundliche Aufnahme in München u. Dresden, ganz besonders entzückt aber sind sie über das prächtige Terrain, das ihnen hier eingeräumt worden. Morgen abend, unmittelbar nach der zweiten Vorstellung, geht es sofort an das Abbrechen des Lagers. Unglaublich ist es, mit welch kolossalem Beamtenapparat die Gesellschaft zu arbeiten hat, um allen Anforderungen zu genügen. Auch hier spielt die Arbeitsteilung eine große Rolle. Jedder an seinem Posten, eingefügt in das große Ganze. Als die Seele desselben zeigt sich jedem natürlich Buffalo Bill (Oberst Cody) selbst. Er ist die unbeschränkte Autorität im Camp. Ihm der nächste ist Mr. Nate Salsbury (zu Freeport in Illinois geboren), mit Oberst Cody der eigentliche Unternehmer der Wild Company. Als General–Manager fungiert Mr. John Burke, dem die schwierige Aufgabe eines Pioniers zugewiesen ist, eines Pfadfinders für die weitere Reiseroute der Gesellschaft, deren letzte Station auf dem Kontinent wohl Hamburg sein wird. Das verantwortungsvolle Geschäft der Tageskasse liegt Herrn Albert Scheible, einem biederen Schwabenkinde, ob; ihm steht als Hauptkassierer Mr. Jule Keen zur Seite. Nicht minder wichtig ist der Posten eines „Contracting–Agent“, den Mr. Lew Parker einnimmt, und der nicht minder wie die anderen ganz besondere Geschäftskenntnisse voraussetzt. Er wie John Burke müssen, lange bevor die Gesellschaft einen Ort verläßt, voraus eilen, um an einer weiteren Etappeein Camp vorzubereiten. Ein anderer wichtiger Posten ist der des Stallmeisters, den Mr. Rice bekleidet. Die Lieferung der Fourage, welche dem Getreidegeschäft von H. Nagel, Güterbahnhofstraße 16, hier, übertragen ist, bildet einen nicht geringen Posten in dem Etat der Gesellschaft. Dazu kommen nun noch eine Anzahl Gekretäre, Interpreten u. — Am vergangenen Mittwoch veranstalteten hier studierende Amerikaner mit dem wild West–team ein sog. Base–Ball–Game (Inning), ein originelles Ballspiel. An dem Americain Students–team waren beteiligt, die Herren Smith, Kilbert, Bush, Hughes, Shepard, Sinclair, Laurence, Woodrough und Boswich, an dem Wild West–team die Herrn Snyder, Murphy, Jordan, Rice, Joyce, Brogan, Whitey, Bebb und Daire. Wild West, siegte mit 17 points, die Studenten erzielten 2 Points. Als Schiedsrichter fungierten die Herrn Wier und Johnson, als Scorer (Rechner) Mr. A. Talbert. Das Spiel wurde heute Sonnabend wiederholt.
— Indianergewohnheiten, die Civilisation des wilden Westen, Sitten und Gewohnheiten der Rothäute, alles das konnten wir circa vierzehn Tage lang gut studieren. Wohl über 100 000 Personen haben sich in diesen zwei Wochen die Indianergesellschaft angesehen. Da ist es denn kein Wunder, wenn von der Kultur Amerikas etwas in Dresden haften bleibt. Ob dieser Eingluß immer ein guter ist, ist aber sehr zweifelhaft. Nicht nur unsere Dresdner Jugend konnte sich vielfach schlechtes von diesen Dunkelmännern annehmen — man denke nur an das Lassowerfen, bei welchem sich unsere Dresdner Kleinen, so muß man fürchten, gegenseitig erwürgen können, nein auch die Großen können schlechte Angewohnheiten sich angeeignet haben. Wiederholt ist es in den letzten Tagen vorgekommen, daß einzelne Indianer Restaurants besuchten, daselbst zechten und sich alsdann ohne Zahlung mit den Worten: „Wir kommen morgen wieder“ entfernten. Das ist durchaus keine schöne indianische Sitte. Bei uns pflegen Zechpreller tüchtig bis jetzt bestraft zu werden. Freilich, wenn man bedenkt, daß unter den Vorführungen der Indianer eine der Hauptnummern ein Ueberfall und die Ermordung eines Blaßgesichtes bilden, d. h. also ein regelrechter Raubmord, so erscheint eine solche kleine Zechprellerei noch als ein recht unschuldiges Vergnügen. Muß es nicht gerade als ein Omen erscheinen, daßin diesen Tagen, da uns Bilder eines so niederen Kulturstandes täglich vorgeführt werden, bei uns selbst gestern an einunddemselben Tage eine grausige Bluttthat durch den Tod gesühnt, eine andere nicht minder grausige That zur Aburteilung gelangte. Es kam glücklicherweise selten vor, daß eine Hinrichtung und ein Todesurteil auf einen Tag zusammenfallen, und es ist dies ein um so fürchterlicheres Merkzeichen, als ja erst ganz kürzlich in Dresden eine Hinrichtung erfolgte und ein Todesurteil gefällt wurde. Das ist ein Memento, daß wir uns beim Anblick der Bilder aus dem Wilden Westen nicht als Glieder einer civilisierten Nation überheben sollten. Geradezu lebensgefährlich ist auf den Straßen, wo sich die Rothäute zeigen, die Passage wegen des gewaltigen Menschenandranges, zu dem Frauen und die liebe Schuljugend das Hauptkontingent stellen. Die Wilden kommen! Das ist der Ruf, der jetzt so oft erschallt, der aber morgen abend schon in ein „Die Wilden gehen!“ umgewandelt werden kann. Schon bald nach den beiden Vorstellungen morgen wird sich die Gesellschaft nach Leipzig begeben. — Mit den Dresdnern können die Herren Indianer zufrieden sein. Aus der Residenz nehmen sie genug Geld mit fort, mehr als aus Wien und München. Ob aber auch die stets geschäftigen soliden Leipziger ihnen so freundlich gesinnt sein werden? Der Dresdner ist leicht für Schaustellungen allerort zu haben. Das haben wieder einmal die Indianer gezeigt.
English | German
Daily Report
— The star role played by Buffalo Bill's Wild West in Dresden will tomorrow draw to its close. Buffalo Bill's visit deserves a permanent place in the annals of the City of Dresden. From an ethnological point of view, the significance of Cody's troupe is undoubtedly as great as that of the numerous different specimens of humanity so commendably exhibited to us in the past by the Zoological Garden. We have the latter's Board of Management to thank for having been the first to present to us, in a series of largish groups, members of wild and semi-wild ethnic populations, and its efforts in that regard, aimed at contributing to the sum of our general education and knowledge, are certainly deserving of the greatest appreciation. It is thanks to the Board of Management that we have been able personally to get to know the Singhalese, the Swahilis, the Bedouins, the people of Tierra del Fuego, the Eskimos, the inhabitants of Kamchatka, [1] the Cola Bela Indians, [2] etc. Never before, however, in the history of the capital city of Saxony have we been afforded the opportunity of seeing a traveling troupe in its own living quarters, as presented by Buffalo Bill's Wild West, and the keen interest that they have aroused in Dresden attests, in and of itself, to the thirst for knowledge and new experience that is such a typical characteristic of our citizenry. The red-skinned sons of the virgin forest are full of praise for, and appreciation of, the friendly reception that they have encountered in Munich and Dresden; but they are particularly delighted with the magnificent terrain that they have been able to see here. Tomorrow evening, immediately after the second show, they will strike camp. The massive level of bureaucracy with which the company has to work in order to satisfy all the various official requirements is simply incredible. In this connection too, the division of labor plays a significant role, with each person having his own job to do as an integral cog in the vast machine driving the operation. At the heart of all this, of course, we find Buffalo Bill (Colonel Cody) himself. He exercises unlimited authority in the camp. His immediate deputy is Mr. Nate Salsbury (born in Freeport, Illinois), who together with Colonel Cody is the actual entrepreneur behind the Wild Company. Mr. John Burke functions as General Manager; he is assigned the difficult task of acting as a trailblazer, mapping out the route to be followed by the company on its onward journey, the last stop on which, in continental Europe, looks set to be Hamburg. The highly responsible job of overseeing the box-office operation is shouldered by Mr. Albert Scheible, an honest and respectable son of Swabia; he is assisted in his task by his right-hand man, Mr. Jule Keen, the chief cashier. Equally important is the job of the contracting agent, performed by Mr. Lew Parker, which necessitates, no less than the other positions in the company, very special business knowledge. Long before the company leaves a place, he and John Burke have to hurry ahead and prepare a camp at the next stop on the itinerary. Yet another important job is that of the head groom, performed by Mr. Rice. The supply of feed and fodder, entrusted here to the grain and cereal merchant H. Nagel, of Güterbahnhofstrasse 16 in this city, accounts for a significant element of the company's budget. In addition, the services of a cadre of secretaries and interpreters, etc., are required.—Last Wednesday, a group of Americans studying here organized with the Wild West team a baseball game (inning), a contest of some considerable originality. The American students' team included Messrs. Smith, Kilbert, Busb, Hughes, Shephard, Sinclair, Laurence, Woodrough and Boswich, whilst the Wild West team was made up of Messrs. Snyder, Murphy, Jordan, Rice, Joyce, Brogan, Whitey, Bebb and Daire. The Wild West team were the victors, scoring 17 points to the students' 2 points. Mr. Wier and Mr. Johnson acted as umpires, and the scorer was Mr. A. Talbert. The game was repeated today (Saturday).
— Indian customs, the civilization of the Wild West, the ways and habits of the redskins: all these things we have been able to study at close quarters these last fourteen or so days. Over those two weeks, some 100,000 people have been to see the Indian company. It is no wonder, then, that something of the culture of America should be left still clinging to Dresden following their departure. Whether this influence is a good thing, however, is highly doubtful. Not only may the young people of our city have absorbed many negative things from these shady characters—one has only to think of the throwing of lassos, which it is to be feared could lead to our little ones throttling each other; our adults too may well have acquired various bad habits.
There have been repeated instances these last few days of individual Indians visiting restaurants, carousing therein and then leaving without paying, uttering the words "We'll be back tomorrow." This is in no way a fine Indian custom. In our country, until now, those who don't pay their bills have habitually been roundly punished. Of course, when one considers that one of the most prominent scenes featuring the Indians consists of an attack in which a paleface is murdered, that is to say, an out-and-out robbery involving homicide, such a minor instance of non-payment of a few bills may seem to amount to little more than a bit of innocent fun. But may it not be seen as an omen that, having in these past few days been exposed each day to scenes of such a low level of cultural development, we have ourselves witnessed in our community yesterday, on one and the same day, a grisly bloody deed atoned for by death whilst sentence has been passed on a no less horrible deed. Fortunately, it does not often happen that an execution and the passing of a death sentence fall on the same day, and this may be seen as all the more dreadful a sign, inasmuch as it was not until very recently in Dresden that an execution took place and a death sentence was passed. This serves to remind us, as we observe scenes from the Wild West, that we should not congratulate ourselves on being members of a civilized nation. Equally perilous to life and limb is the act of passing along the streets where the redskins appear, on account of the tremendous throng of pressing humanity, of which the main contingent is made up of women and our dear young schoolchildren. The savages are coming! That is the cry that so often goes up, but it may change tomorrow evening to "the savages are leaving!" As soon as tomorrow's two performances have been given, the company will travel to Leipzig.—The Indian gentlemen have every reason to feel content with the people of Dresden. They are departing from their residency here with plenty of money, more than what they earned in Vienna and Munich. But one is bound to wonder whether the solid, ever-industrious Leipzigers will be inclined to afford them such a friendly welcome? The Dresdeners are keen on theatrical performances, wherever they may be held—as the Indians have shown us.
Note 1: Kamchatka is a 900-mile-long peninsula off the far north-eastern coast of Russia, referred to as "the land of fire and ice." Native peoples in this area include Koryaks, Itelmens, Evens, Evenki, Chukchis, Aleuts. [back]
Note 2: "Cola Bela Indians" probably refers to the Nuxalk people who live on the central coast of British Columbia, Canada, from the Bella Coola River inland to the Bella Coola River. Early anthropologists called this First Nation the Bella Coola. [back]
Title: Tagesbericht. — Buffalo Bills Wild West wird morgen | Daily Report. — Buffalo Bill's Wild West in Dresden will tomorrow draw to its close
Periodical: Tageblatt
Source: McCracken Research Library, Buffalo Bill Center of the West, MS6.3776.10.01ab (German Scrapbook)
Date: June 15, 1890
Topics: Buffalo Bill's Wild West in Germany
Keywords: American Indians Business logistics Ethnology German language German newspapers Historical reenactments Indians of North America Lasso Nuxalk Indians Traveling exhibitions
People: Burke, John M., 1842-1917 Salsbury, Nathan, 1846-1902
Places: Dresden (Germany) Kamchatka Peninsula (Russia) Leipzig (Germany)
Transcribed and translated by: Roberts, Briana
Editorial Statement | Conditions of Use
TEI encoded XML: View wfc.nsp11413.xml
Back to top